Mit dem The North Face Flight Series Vectiv hat sich jetzt eine weitere Marke am Thema Carbontrailschuh versucht und macht dabei gar keine schlechte Figur. Wie sich der Schuh auf den Trails schlägt, das erfährst du hier im Laufschuhtest.
Über den The North Face Flight Series Vectiv
Nachdem Nike 2017 mit dem ersten Vaporfly die Welt der Straßenwettkampfschuhe in Aufruhr versetzte und inzwischen so ziemlich alle namhaften Laufschuhhersteller mindestens einen Carbon Racer in ihrem Portfolio haben, sind Carbonplatten in der Trailsparte – auch bei Wettkampfschuhen – noch nicht wirklich angekommen. Einzelne Versuche wie der Nike ACG Mountain Fly, der im November 2020 veröffentlicht wurde, oder der Craft CTM Ultra Carbon (Frühling 2021) sind entweder wenig erfolgreich oder – wie der Ultra Carbon – kein voll geländegängiger Trailschuh.
Der Flight Series Vectiv ist der Schuh aus dem im letzten Jahr erschienen Trailschuhlineup, der sich vor allem an ambitionierte (Ultra)Trailläufer:innen und Wettkämpfer:innen richtet. Dabei ist das herausragende Feature die Carbonplatte, die neben Schutz auch mehr Vortrieb beim Laufen erzeugen soll. Mit 288g pro Schuh in mittlerer Größe, 6mm Sprengung und einer Sohlenhöhe von 25mm an der Ferse sind mittig im Feld der Trailschuhe angesiedelt.
Komfort und Passform
Das Obermaterial des Schuhs ist ein gestricktes Meshgewebe mit Lüftungsöffnungen im Vorfuß, Einsätzen aus Matryx-Material, einem Kevlar-Polyamid-Gewebe im Mittelfußbereich für besseren Halt sowie einer sehr steifen Fersenkappe. Der gesamte Upper besteht dabei aus einem Stück und hat eine sockenähnliche Konstruktion mit kaum Polsterung unter der Schnürung. Die Passform des Schuhs ist zwar dadurch sehr gut individualisierbar, allerdings fallen die Schuhe etwas größer aus. Für Läufer mit einem niedrigeren Spann ist das Obermaterial außerdem eher weit geschnitten, die Zehenbox ist für mich (etwas breitere Füße) genau richtig. Das Obermaterial, die ungepolsterte „Zunge“ (die ja im Material integriert ist) und die schlecht durchrutschenden Schnürsenkel führten bei mir allerdings zu Druckstellen auf dem Fuß.
Dämpfung und Grip
Ich habe den Flight Series Vectiv ausgiebig auf unterschiedlichsten Untergründen wie Fels, Waldboden, loser Erde und bei jedem Wetter getestet. Die hauseigene SurfaceCTRL-Sohle hatte dabei überall guten Grip, nur bei klebrigem Matsch tendierten die 3,5mm-Stollen dazu zu verkleben, was die Performance merklich beeinträchtigte. Die Dämpfung der EVA-Zwischensohle empfand ich nach kurzer Eingewöhnungszeit als genau das richtige Gleichgewicht zwischen gedämpft und reaktiv, mit der Sprengung von 6mm hat man an der Ferse im Downhill etwas mehr Dämpfung, während auf flachen Stücken und bergauf der Vorfuß ziemlich direkt ist.
Auf dem Trail
Größter Kritikpunkt ist hier das Obermaterial. Durch den weiten Schnitt und die geringe Polsterung in der Zunge werden schnelle Downhills gerne zur Tortur für den Spann. Die Lüftungslöcher im Mesh auf dem Vorfuß sind zwar sehr gut für die Atmungsaktivität, allerdings kommen hier auch Erde, Sand und kleinste Steine in den Schuh. Ähnliche Probleme verursacht Falten im Upper am Knöchel. Die EVA–Zwischensohle und die darauf liegende Carbonplatte machen hingegen auf flowigen und leicht technischen Trails viel Lauspaß. Der Einsatz der Rocker–Geometrie sorgt im Downhill spürbar für Vortrieb. Auf richtig technischen Trails fehlt, obwohl das Bodengefühl gut ist, durch den mittelmäßigen Halt im Upper die nötige Stabilität.
The North Face Vectiv Flight Series Vectiv- Keyfacts
Gewicht: 285 g – Herren | 245 g – Damen
Sprengung: 6 mm
Kategorie: Neutral – Trail
Preis: 200 €
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Fazit zum The North Face Flight Series Vectiv
Am Ende ist es wie bei allen Laufschuhen, es kommt auf den Fuß an. Läufer, die einen höheren und etwas unempfindlicheren Spann haben, bekommen mit diesem Schuh eine Waffe an den Fuß. Bei allen Trailstrecken bis hin zu Ultratrails das Potential hat, richtig abzureißen. Für alle anderen ist der The North Face Flight Vective nicht wirklich als Go-To-Schuh geeignet. Dazu ist das Obermaterial einfach zu speziell. Preislich bewegt sich der Schuh mit einer UVP von 200 € deutlich am oberen Ende des Preisspektrums.
Bilder: Carsten Beier
The North Face hat uns den Vectiv Infinite kostenfrei zur Verfügung gestellt, dies hatte keinen Einfluss auf den Inhalt des Artikels.
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