Beim The Future of Performance Running Event von Nike hatte ich die Möglichkeit mich mit Paul Schmidt über das Lauftraining zu unterhalten. Passend dazu konnte ich eine Leistungsdiagnostik in der Charite in Berlin absolvieren. Dr. Paul Schmidt-Hellinger ist nicht nur Sportmediziner an der Charite Berlin, er ist auch selbst ein richtig guter Läufer. So steht seine Marathon Bestzeit bei 2:19:35h und er hält den Deutschen Rekord über 50-km-Straßenlauf mit 2:49:06h.
Paul, beschreib dich doch mal kurz!
Gelaufen bin ich schon immer und ab der 5. Klasse war ich im Leichtathletikverein, dazu kamen zusätzlich die klassischen Bahnläufe, Crosslauf und Triathlon. Mit dem Abschluss meines Medizinstudiums ging es dann auf die Marathon-Distanz, wo ich direkt den Dresden Marathon gewinnen konnte. Mit dem Start in das Berufsleben habe ich dann wesentlich mehr und auch effektiver trainiert. Somit bin ich immer besser geworden und durch mein Wissen und Erfahrung konnte ich besser auf Verletzungen reagieren. In dieser Zeit half mir auch die Integrierung des Laufens in meinen Alltag, wie zum Beispiel zur Arbeit laufen. Seit 2015 arbeite ich in Berlin an der Charité, wodurch ich mein Hobby mit dem Beruf optimal verbinden konnte.
Dr. Paul Schmidt-Hellinger
Disziplin:Langstreckenlauf
Jahrgang: 1985
Blog von Paul
Paul auf Instagram
Bestzeiten
10.000 m – 29:58,53 min
Halbmarathon – 1:04:58 h
Marathon – 2:19:35 h
50k – 2:49 h – Deutscher Rekord
Was bringt dem Läufer eine Leistungsdiagnostik?
Bei der Leistungsdiagnostik wird ein Laufbandstufentest durchgeführt, bei welchem dem Läufer bei jeder Stufe Laktat und Herzfrequenz abgenommen wird. Laktat ist das Anion der Milchsäure und wird vermehrt gebildet, wenn die Muskulatur in Sauerstoff Schuld geht. Bei jeder Stufe, also bei höherer Belastung, bildet der Körper mehr Laktat. Von diesen Daten können wir eine Kurve erstellen, die die gesamten Stoffwechsel–Prozesse des Läufers darstellt. Dadurch können durch einen kurzen Test von ca. 20 Minuten Wettkampf–Prognosen erstellt werden. Zusätzlich kann man genau zeigen, in welchem Tempobereich die Dauerläufe stattfinden sollten. Für erfahrene Läufer ist es meist eine Bestätigung, dass sie in den richtigen Bereichen trainieren. Zusätzlich zeigt es dem Läufer sein persönliches Optimierungspotenzial an.
Für welche Läufer ist die Leistungsdiagnostik geeignet?
Eine Leistungsdiagnostik ist für jeden Läufer geeignet, egal ob Anfänger oder Profi-Läufer. Diese sollte man auch nicht allein betrachten, denn solch ein Test findet im Gesamtpaket in einem Medizin-Checkup statt. Dazu gehören weitere Dinge wie Patientengespräch, Ruhe-EKG, Blutentnahme oder Lungenfunktionstest. Auch Patienten, welche eine längere Krankheit haben, können damit ihre körperlichen Fähigkeiten checken lassen, denn der Test ist hinsichtlich der Intensität für jedes Niveau anpassbar.
Wie oft sollte eine Leistungsdiagnostik durch geführt werden?
Der Eingangscheck inklusive der Leistungsdiagnostik sollte aller zwei Jahre durchgeführt werden, dies schreibt sogar das Präventionsgesetz vor. Jeder Folgetest liefert eine genaue Sicht auf die Entwicklung der Leistungsfähigkeit und Prognosen von Wettkampfzeiten. Es gibt zum Beispiel auch Triathleten, die diesen Test aller sechs Wochen durchführen, da ihnen der Blick auf die Daten extrem wichtig ist. Aufgrund der Gefahr, sich beim Wettkampf zu verletzen, bevorzugen sie den Test als Checkup vor Wettkämpfen. Gerade die Verbindung mit einem Gespräch mit einem Sportmediziner bringt einen optimalen Einblick in die Entwicklung.
Wenn ich jetzt als Ergebnis meine individuellen Trainigsbereiche bekomme, inwieweit sollte man dennoch auf seinen Körper hören?
Nach dem Laufbandtest bekommt der Läufer seine optimalen Geschwindigkeiten und Herzfrequenzzonen für sein Training. Für intensive Einheiten empfiehlt sich der Aufbau nach Tempozonen, da die Herzfrequenz durch kleinere Faktoren gern mal um 5 bis 10 Schläge schwanken kann. Wenn man im Bereich der „Kotzgrenze“ seine 400 Meter läuft, dann sollte man es gerade so schaffen, die Lap–Taste zu drücken, da ist auch kein Blick auf die Herzfrequenz möglich. Natürlich ist das Körpergefühl ein entscheidender Faktor, denn der Leistungstest findet im ausgeruhten Zustand statt. Der Körper kann zum Beispiel durch vergangene Trainingseinheiten noch erschöpft sein und somit sind nicht immer die gleichen Leistungen wie im ausgeruhten Zustand erreichbar. Daher sollte man da die Tempozonen für das Training anpassen.
Wie findest du Trainingspläne von der Stange, wie z.B. aus Magazinen?
Diese finde ich prinzipiell ganz gut, da sie die Grundregel betrachten. So sollten sich etwa 2/3 des Trainings mit der Grundlagenausdauer beschäftigen und es muss genügend Zeit zwischen den Einheiten sein. Vor allem sollte das System eines Trainingsplans verstanden werden. Wenn zum Beispiel am Dienstag eine harte Einheit im Plan steht und man diese an dem Tag nur schwer unterbringt, dann sollte man diese Einheit eher an einem anderen Tag durchführen. Dadurch sollte die Qualität der Einheit gewährleistet bleiben. Die Slots, welche uns in der Woche für intensives Training zur Verfügung stellen, sind relativ wenig. Diese sind auf 3 Einheiten beschränkt, dazu gehören ein Long Run, eine intensive Einheit wie Intervalle und noch ein Tempodauerlauf. Die weiteren Einheiten sollten locker sein und mit gezielten Kraftübungen sollte der Körper zusätzlich gestärkt werden.
– Such dir den passenden Laufpartner für deine Dauerläufe, sodass das richtige Tempo gelaufen wird
– Optimale Vorbereitung für den Tempolauf: ausgeruht sein, ordentliches Warm-Up und Umgebung für die volle Konzentration schaffen (Laufbahn), die ersten Intervalle nicht zu schnell rennen
– Den restlichen Tag des Long Runs auf der Couch verbringen, aber vor allem Beine hochlegen oder in die Sauna gehen
Tipps von Paul Schmidt
Wie ist deine Definition von einen Long Run mit optimalen Trainingseffekt?
Die Bezeichnung kommt ja ursprünglich vom Long Jog und es wurde jede Woche lang und entspannt gelaufen. Aktuell entwickelt es sich eher in die Richtung, dass man den Long Run bei 94% bis 102% des Wettkampftempos läuft. Danach ist man in der Regel drei bis vier Tage richtig müde und man sollte die nächsten 10 Tage keinen weiteren Long Run angehen. Natürlich kommt es dann wieder auf den Läufertyp an. So bauen Elite-Läufer ihre Long Runs mit 5 x 5 Kilometer Intervallen auf und das fast in Race Pace, mit 5 Minuten locker laufen. Das kann in der Königseinheit bis zu 35 Kilometer gehen, was von der Belastung her in etwa dem gesamten Marathon entspricht. Optimalerweise sollte dabei auch ein Fahrradfahrer zum Trainieren der Nahrungsaufnahme dabei sein. Wiederum stärken solche Einheiten des alleine Laufens die mentale Kraft. Sozusagen ist der Long Run die wichtigste Einheit im Trainingsplan. Bei einem 12-Wochenplan kommen somit 5 Long Runs in die Trainingsperiode. Dabei sollte die Distanz und Pace kontinuierlich gesteigert werden. Somit sollte aller 14 Tage der Long Run das Highlight im Trainingsplan sein. Nebenbei muss sich auch der Stützapparat an die Pace des Wettkampfs gewöhnen.
1 Kommentar