Running Talk mit Chris Zehetleitner von Willpower

Running Talk mit Chris Zehetleitner von Willpower

Shirts und allgemein Laufklamotten von Willpower hat wohl jeder Läufer schon einmal gesehen. Aber was steht eigentlich hinter der Marke? Lisa hat sich mit Chris Zehetleitner, dem Willpower Gründer getroffen und gibt mit ihrem Running Talk einen schönen Einblick hinter Willpower.

Was genau machst du denn jetzt beruflich?

Auf dem Papier klingt das ziemlich langweilig: Ich bin Referatsleiter in der zentralen Universitätsverwaltung der Uni München. Vereinfacht gesagt: Verwaltungsangestellter 😉 In der Praxis ist der Job aber recht cool. Ich habe ein echt liebes Team und viele Gestaltungsfreiräume. Wir arbeiten weitestgehend agil, was für große Mitarbeiterzufriedenheit und gute Ergebnisse sorgt. Im Kern betreuen wir alle Web-Belange der LMU. Die langweiligen Details behalte ich für mich. Seit ich denken kann führe ich aber eine Art Doppelleben. Ich habe schon immer neben dem Beruf/Studium auch andere Unternehmungen verfolgt. Angefangen hab ich Mitte der 90er Jahre mit einem Fanzine, dann kam ein Plattenlabel und viele eigene Bands dazu, in den 2000ern dann die Gründung eines zweiten Labels und einer Management Agentur für Künstler und 2015 dann letztendlich Willpower.

Wie ist die Idee von Willpower entstanden? Was war zuerst das – Crew oder Klamotten?

Die Idee für Willpower ist genau so entstanden wie es auf der Webseite unter ‚About‘ steht. Das ist kein Marketing-Quatsch sondern die Wahrheit 😉 Ich hatte 2 Jahre zuvor mit dem Laufen angefangen und war unglücklich über die Auswahl an Sportklamotten, die einem von den großen Firmen quasi oktroyiert wurde. Ich hatte das Gefühl, dass man sich beim Ausüben des Sports immer bis zu einem gewissen Grad verkleiden musste. Mein Anspruch war, sich in Laufklamotten genauso wohl zu fühlen wie in der normalen Freizeitkleidung. Da mein eigener Stil schon immer sehr schlicht war, kam die Idee auf Laufbekleidung herzustellen, die die Grenzen zwischen ‚Casual‘ und ‚Sport‘ auflösen, gleichzeitig aber eine starke Message haben. Quasi ein Gegen-Statement zur glattgebügelten Einheits-Uniformierung der großen Marken.

Willpower ist im Spätsommer 2015 mit zwei Shirts online gegangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keine Vorstellung wie es sich entwickeln würde. Erst als mir bewusst wurde, dass ich mit meinem Ansatz einen Nerv getroffen hatte, habe ich mich intensiver mit der Frage befasst, wie man die Leute erreichen kann, die Willpower cool finden könnten. So entstand die Idee der Willpower Athleten. Anders als bei klassischen Endorsement-Programmen wie den Asics Frontrunnern oder den Salomon Ambassadorn, sollte das ganze von Anfang an maximal frei gestalten sein. Es gibt von meiner Seite aus keine Vorgaben wer wann was tragen oder im social web posten muss. Genauso wenig gibt es Kriterien die erfüllt sein müssen, um Mitglied zu werden. Im Kern ging es mir nur darum, dass Menschen die sich mit Willpower identifizieren können, einfach die Klamotten tragen und somit zu einer Verbreitung der Marke führen. Gemeinsam mit Björn Esser, dem offiziell ersten Willpower Athleten, habe ich dann eine ganze Reihe echt schräger Vögel ausgegraben, die allesamt irgendwie nicht so richtig in die konventionelle Läuferwelt reinpassen. Dass sich daraus am Ende so enge Freundschaften und eine richtige Crew entwickelt, war mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar. Die Willpower Athleten haben über die Jahre mehr als alles andere das Image und die Außenwirkung der Marke geprägt, worüber ich sehr glücklich bin.

Was ist die Willpower Mission?

Ich möchte, dass die Grenzen zwischen Freizeit und Sport verschwinden und Läufer jederzeit die Klamotten tragen können, in denen sei sich wohl fühlen und die ihre Persönlichkeit reflektieren. Es gibt viele Menschen die sich als Teil einer großen Masse unwohl und eingeschränkt fühlen und für die Laufen mehr ist, als einmal im Jahr am Firmenlauf teilzunehmen. Diesen Menschen will ich mit Willpower schlichte Klamotten mit einer starken Message anbieten und ihnen signalisieren, dass sie nicht alleine sind mit ihrer eigensinnigen Einstellung zum Laufsport und Leben im allgemeinen.

Wie sehr beeinflusst Hardcore-Musik Willpower? Welche Gemeinsamkeiten gibt es da?

Es ist kein großes Geheimnis, dass die Punk/Hardcore Szene und auch die Straight Edge Lebensphilosophie maßgeblich zu meiner Sozialisation beigetragen haben. Bei vielen Willpower Athleten ist das ähnlich. Für Willpower war es mir aber immer wichtig, dass es keine Marke „von Hardcore-Kids – für Hardcore-Kids“ ist sondern bewusst breiter aufgestellt wird. Im Kern geht es um das Gefühl nicht so richtig reinzupassen. Das ist aber kein Phänomen auf das die Punk/Hardcore-Szene eine Exklusivitätsanspruch erheben kann. Es gibt Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und Geschichten, die das ganz genauso fühlen und deshalb Willpower für sich entdeckt haben.

Selbstverständlich kann man aber trotzdem eine gewisse Verbindung zur Einstellung und Ästhetik von Punk/Hardcore erkennen. Das liegt einfach daran, dass ich viele der Werte dieser Subkultur im Laufsport wiederentdeckt habe. Wenn ein Design oder ein Statement auf einem Shirt auf diese Weise beeinflusst wurde, kann es aber für Leute, die bisher noch keinen Kontakt mit Punk oder Hardcore hatten, ebenso ansprechend sein. Das möchte ich auch in Zukunft so beibehalten.

Wie war das Gefühl beim ersten verkauften Artikel?

Haha, wenn man so ein Business ‚from scratch‘ hochzieht bestellen ja als allererstes mal deine ganzen Freunde 😉 Wirklich krass war die erste Bestellung von jemandem den ich weder kannte, noch irgendwo als „Freund von einem Freund“ zuordnen konnte. Geld für Werbung hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Das war schon ein bisschen spooky, aber auf eine sehr schöne Art haha!

Was waren / sind Konflikte?

Da ich bei Willpower das meiste selbst mache, ist das Konfliktpotenzial relativ gering haha. Schwierig finde ich in der heutigen Zeit als Onlineshop zu jedem Zeitpunkt allen Kunden-Ansprüchen gerecht zu werden. Amazon hat da die Messlatte einfach unerreichbar hoch gelegt. Zum Glück sind die meisten Willpower Kunden echt cool und super easy wenn mal was nicht nach Plan läuft.

Wie viel Arbeit pro Woche steckst du ungefähr in Willpower?

Das lässt sich schwer beziffern. Vor einem großen Produkt-Launch können das schon mal mehrere Stunden am Tag sein. Es gibt aber auch ruhige Phasen, in denen alles seinen gewohnten Weg geht. Generell versuche ich so viel es geht zu automatisieren oder auszulagern. Ich möchte, dass Willpower schlank und agil bleibt. Das hilft enorm dabei spontane Ideen einfach umsetzen zu können, was mir sehr wichtig ist.

Was nervt dich am meisten? Gibt es etwas das du bereust?

Am meisten nervt es mich, wenn ich einen Zeitplan aufstelle und der dann wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Das passiert fast jedes mal haha! Nein im Ernst, es sind schon echt viele Zahnräder die da ineinander greifen müssen, damit Willpower funktioniert. Wenn etwas unerwartetes passiert, muss man einfach ein bisschen umplanen. Darin habe ich schon Routine. Wirklich bereut habe ich bisher nichts. Ich finds manchmal schade, dass sich bestimmte Produkte die ich voll (!) cool (!) finde, einfach nicht so gut verkaufen wie ich es gerne hätte. Das hält mich aber nicht davon ab auch weiterhin Sachen auf den Markt zu bringen die nur ich selbst feier, haha!

Wie war Willpower zu Beginn angedacht? Und wie ist es geworden?

Um ehrlich zu sein hatte ich für Willpower am Anfang keine große Vision wo die Reise hin gehen soll. Die größte Befriedigung für mich selbst ist seit Anfang einfach zu tun worauf ich Bock habe. Ich kann jeden, der eine (scheinbar) verrückte Idee hat, nur ermutigen, es einfach zu machen. Was soll schon passieren? Im schlimmsten Fall verliert man ein bisschen Zeit und Geld, aber die Freude und Erfahrung die man z.B. mit so einem kleinen Startup sammeln kann, ist unbezahlbar. Heute habe ich immer mehr das Gefühl, dass Willpower keine Marke sondern eine Art Community ist. Es geht nicht um die Shirts sondern um ein gewisses Gefühl, dass Willpower transportiert. Das finde ich großartig, weil es natürlich auch direkten Einfluss auf meine eigene Lebenswelt als Läufer hat.

Wo siehst du Willpower in der Zukunft?

Ich denke irgendwann muss man sich entscheiden ob man Willpower größer aufzieht und eine richtige Firma draus wird, oder ob man die coole kleine independent Marke bleiben möchte. Im Moment fühle ich mich mit letzteren noch sehr wohl, das hat enorm viele Vorteile, sowohl für mich als auch für die Kunden.

Wann findet die Hochzeit statt?

Mit Willpower bin ich längst verheiratet. Zwangsehe. Meine wundervolle Freundin Lisa werde ich aber vielleicht eines Tages auch heiraten. Wenn das passiert, sagen wir aber keinem Bescheid. Pech für euch. #Zehetmehl

Danke für das coole Interview! Hat Spass gemacht.

Bilder: Björn Lexius

Bisher kein Kommentar

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

*

Zurück
Teilen

Running Talk mit Chris Zehetleitner von Willpower